Selbstladebüchsen und Schalldämpfer ?


Selbstladebüchsen / Halbautomaten und Schalldämpfer

Viele Kunden kommen über mein YouTube Montageanleitungsvideo auf meine Seite. In diesem Video zeige ich die Montage einer Borelock Mündungsbremse auf einer MR308. Oft werde ich dann angerufen, und erhalte Fragen zu dem Thema „Selbstladebüchse und Schalldämpfer – geht das ?“

Bei der Recherche zu dem Thema findet man tatsächlich wenig brauchbare Informationen, weshalb ich das Wissen auf „die harte Tour“ erlernt habe: Versuch und Irrtum.

Los geht´s….

Bei einer Selbstladebüchse werden Teile der Pulvergase dazu genutzt, um direkt (DI-System, z.B. AR15) oder indirekt (Piston System, z.B. Browning BAR, SIG 716, HK MR308) den Verschluss nach dem Schuss zu entriegeln und zu öffnen, sowie die leere Hülse auszuwerfen. Das passiert nur Bruchteile einer Sekunde, nachdem das Geschoss den Lauf verlassen hat.

Ab Werk sind die Selbstladebüchsen meist so abgestimmt, dass sie mit einer großen Bandbreite an Munition zuverlässig repetieren (=leichte Überfunktion).

Ein montierter Schalldämpfer hält die -vor und nach dem Geschoss- ausströmenden Pulvergase zurück, um sie langsam entweichen zu lassen (= Minderung des Schussknalls). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Druck an der Gasabnahmebohrung mit montiertem Schalldämpfer höher ist und/oder länger wirken kann. Der Verschlussträger wird dadurch wesentlich schneller und heftiger nach hinten geschleudert, und schlägt umso härter in den Puffer ein. Auch die Teile der Waffe, die für die Übertragung der Kraft von Gassystem zu Verschluss zuständig sind, werden viel höher beansprucht.

Der höhere Druck an der Gasabnahmebohrung hat also zur Folge, dass der „Repetiervorgang“ der Waffe beschleunigt wird, was bestenfalls langfristig „nur“ zu deutlich erhöhtem Verschleiß führt, aber meist auch noch kurzfristig zu Funktionsstörungen der Waffe führt.

Die Symptome (Funktionsstörungen) für Überfunktion und Unterfunktion sind oftmals sogar gleich und werden daher gerne falsch interpretiert. Sowohl bei Überfunktion, als auch bei Unterfunktion kann es zu Auswerfproblemen und Zuführproblemen kommen. Mehr dazu später.

Die -nach dem Schuss- nach hinten entweichenden Pulvergase sind eine zusätzliche lästige, aber kaum vermeidbare Begleiterscheinung bei der Verwendung von Schalldämpfern auf Selbstladebüchsen. Letzteres führt zu deutlich höherer Verschmutzung der Waffe. Das sollten Sie wissen, bevor Sie planen, Ihre SLB mit Schalldämpfer zu verwenden. Schalldämpfer auf SLB = Viel mehr Putzen !!! Dagegen ist auch kein Kraut gewachsen. Der Effekt lässt sich nur durch die Wahl geeigneter Pulver / Laborierungen mindern, aber nicht abstellen.

Um dem höheren Verschleiß entgegen zu wirken, haben einige Waffenhersteller Ihre Waffen mit sogenannten „verstellbaren Gasabnahmen“ ausgestattet. Dazu zählt ab Werk z.B. die SIG 716 und die Burk BR10. Für die beliebte und verbreitete HK MR308 / MR223 gibt es zwar verstellbare Gasabnahmen für die militärischen Varianten (HK416/417/G28), diese werden aber von Heckler & Koch nicht an Zivilisten verkauft.

Zum Glück hat die Firma Waffen Burk in Heilbronn die Notwendigkeit erkannt und eine eigene Gasabnahme zum Nachrüsten für die MR308 entwickelt. Diese verwende ich mittlerweile selbst in der MR308 und kann sie wärmstens empfehlen. Bei Bedarf kann sie in unserem Online-Shop gekauft werden. Sie reduziert die Verschluss-Geschwindigkeit in Stellung „S“wieder auf das Niveau wie vorher – ohne Schalldämpfer.

Sie fügt sich auch optisch perfekt ein: So kann es kein Zufall sein, dass bei der Burk-Gasabnahme Stellung S und N perfekt auf die Beschriftung des Slim Line Vorderschaftes abgestimmt sind:

Burk Gasabnahme Stellung N

Burk Gasabnahme Stellung N

Burk Gasabnahme Stellung S

Burk Gasabnahme Stellung S

Für Besitzer anderer (jagdlicher) Selbstladebüchsen, existiert das selbe Problem. Für Sauer 303 und für HK SLB2000 sowie baugleiche Waffen, hat der schwedische Schalldämpfer-Hersteller „Stalon“ angepasste Gasdüsen für Schalldämpfer im Programm. Diese sollten von einem Büchsenmacher eingebaut werden und führen in Aller Regel zur Ablehnung der Garantie seitens des Waffenherstellers (Da Fremdkomponente). Dazu existieren jedoch meinerseits keine eigenen Erfahrungen.

Und natürlich braucht die Waffe zur Verwendung mit Schalldämpfer ein Mündungsgewinde. Das kann in der Regel jeder Büchsenmacher anbringen. ACHTUNG: Es besteht in Deutschland bei Änderungen an wesentlichen Teilen (wie dem Lauf) eine gesetzliche Pflicht zum Neu-Beschuss ! Dies muss vom Büchsenmacher veranlasst werden.

Die einzige mir bekannte jagdliche Selbstladebüchse, die ab Werk mit einer verstellbaren Gasabnahme ausgerüstet ist, ist die Browning Bar ab MK2 aufwärts. Im Benutzerhandbuch wird ausdrücklich erwähnt, diese Gasabnahme nicht zu verstellen, und man findet dazu auch sehr wenig im Netz. Aber eigentlich ist das Verstellen der Gasabnahme kein Hexenwerk und kann von jedem (auf eigene Gefahr) selbst durchgeführt werden. Trotzdem die Warnung: Lassen Sie einen Profi ran, wenn Sie sich das selbst nicht zutrauen. Man kann die Gasabnahme auch falsch einstellen, und bei extrem falscher Einstellung kann die Waffe und Menschen zu Schaden kommen !

Der Unterschied bei der BAR zu z.B. der Burk Gasabnahme ist: Man kann nur eine Position einstellen. Wenn also die Gasabnahme für Schalldämpfer-Betrieb eingestellt wurde, treten ohne Schalldämpfer Funktionsstörungen auf.

Der Gasblock mit verstellbarer Gasabnahme befindet sich bei der Browning Bar unter dem Vorderschaft. Es ist der angelötete Metallblock direkt am Lauf. In diesem Block befinden sich neben dem Piston und dem Gasgestänge 3 Schrauben: Unten (=für uns uninteressant), seitlich eine Madenschraube mit Innensechskant und gegenüber eine verchromte Schlitzschraube.

Diese Madeenschraube sichert die eigentliche Gasverstellung gegen unbeabsichtigte Verstellung

Diese Schlitz-Schraube ist die eigentliche Gasverstellung

Die Madenschraube muss als erstes gelöst werden, denn sie sichert die eigentliche Gas-Verstellung.

Die verchromte Schlitzschraube ist die eigentliche Gas-Verstellung:

Gegen den Uhrzeigersinn = Auf = Mehr Gas ins System

Im Uhrzeigersinn = ZU = Weniger Gas im System

Im ersten Schritt empfehle ich, die Gas-Verstellung im Uhrzeigersinn bis ganz in den Gasblock zu schrauben, und dabei die Umdrehungen möglichst genau zu zählen. Diesen Wert sollten Sie notieren, falls Sie wieder den Ursprungszustand herstellen müssen.

Nach der Montage des Schalldämpfers müssen Sie sich schrittweise der idealen Stellung annähern. Beginnen Sie, indem Sie die Gas-Verstellschraube 1/2 Umdrehung aus dem Block heraus drehen . Vergessen Sie danach nicht, mit der Madenschraube die Gas-Verstellschraube gegen unbeabsichtigtes verstellen zu sichern, bevor Sie den Vorderschaft montieren, um einen Probeschuss abzugeben. Niemals ohne den Vorderschaft schießen, da Ihnen sonst lose Teile „um die Ohren fliegen“ !

In der Regel wird die BAR mit einer 1/2 Umdrehung geöffneten Gasschraube noch nicht sauber auswerfen und zuführen. Also müssen Sie den oben beschriebenen Vorgang wiederholen, und in KLEINEN SCHRITTEN die Gasabnahme öffnen. Versuchen Sie nicht, die Abkürzung zu nehmen. Sie wollen ja die Gasabnahme verstellen, um erhöhten Verschleiß zu verhindern. Dazu ist es erforderlich, die Funktions-Untergrenze zu finden. Ich empfehle anfangs 1/2 Umdrehungs-Schritte, und sobald Fortschritt erkennbar wird nur noch 1/8 Umdrehungen. Sobald eine Stellung gefunden wurde, in der die Waffe gerade noch sicher auswirft und sicher eine neue Patrone zuführt, sollte die Gasschraube noch 1/8 Umdrehung weiter geöffnet werden, um Funktionssicherheit auch bei schwachen Laborierungen und in der kalten Jahreszeit zu haben.

Klingt komplizierter, als es ist…..

Zum Schluss noch ein Tipp: Wenn Sie nicht wissen, wie Sie die Symptome deuten sollen (Über- oder Unterfunktion?), dann können Sie zu Hilfsmitteln greifen. Die Meisten Modernen Smartphones verfügen über die Möglichkeit, Zeitlupenvideos aufzunehmen. Das bedeutet, statt 30 Bildern pro Sekunde werden bis zu 240Bilder pro Sekunde aufgenommen. Wenn man sich ein solches Video auf den PC herunterlädt, kann man z.B. mit dem kostenlosen VLC-Player Bild für Bild betrachten, und so die Anzahl der Bilder zählen, die ein Verschlusszyklus dauert. Beispiel: Bei der MR308 dauert ein Verschlusszyklus ohne Schalldämpfer und ohne verstellbare Gasabnahme vom ersten Öffnen bis zum letzten Verriegeln der neuen Patrone aus dem Magazin bei meinem Smartphone genau 30 „Frames“, also Einzelbilder. Bei 240 fps (frames pro Sekunde) ergibt sich eine Dauer von: 30frames/240fps = 0,125 Sekunden.

Diesen Vergleichswert sollten Sie sich für Ihre Waffe und Ihre Filmausrüstung selbst erarbeiten, dann haben Sie eine zuverlässige Referenz. Wenn die Waffe also im obigen Beispiel MIT Schalldämpfer nur 20 fps für einen Zyklus bräuchte, wäre das ein Zeichen für ca. 30% Überfunktion.

Hier noch ein Beispielvideo (nachbearbeitet: 3 Filme in einem + noch mal langsamer abgespielt) der Abstimmung der Gasabnahme meiner eigenen Browning BAR Zenith:

Bei „Überfunktion“ sieht man deutlich, wie der Ladehebel blitzschnell nach hinten schießt und abrupt stoppt. Die Hülse wird hier auch nicht sauber durch den Ejektor ausgeworfen, sondern man bekommt den Eindruck, dass der heftige Einschlag die Hülse von der Auszieher-Kralle löst. Der Verschluss wird von der Feder zurück geholt, aber die Magazin-Feder stellt nicht schnell genug die nächste Patrone zur Zuführung bereit: Hülse ausgeworfen, aber keine neue Patrone zugeführt.

Die „normale Funktion“ ist selbsterklärend: Alte Hülse wird ausgezogen, ausgeworfen, und neue Patrone aus dem Magazin zugeführt.

Bei „Unterfunktion“ reicht der Schwung gerade noch aus, um die leere Hülse auszuziehen, aber nicht weit genug, um sie auszuwerfen. Wäre der Verschluss in diesem Beispiel nur minimal weiter zurück gelaufen, hätte es das selbe Fehlerbild ergeben wie bei Überfunktion: Hülse ausgeworfen, aber keine neue Patrone zugeführt.

An diesen Beispielen kann man sehr schön erkennen, dass unterschiedliche Ursachen trotzdem recht ähnliche Fehlerbilder liefern können.